Vorlage Nicht-Verwaltungsakt Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt

Es ergeben sich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Diese wurden – wie alle anderen Festsetzungsbescheide auch – durch den Beitragsservice in einem vollautomatisierten Verfahren erstellt. Ein solcher vollautomatisierter VA entspricht jedoch nicht den Formvorschriften des § 37 Abs. 2 bis 5 Landes-VwVfG, die auch für die Landesrundfunkanstalt – jedenfalls analog – gelten (vgl. u.a. VG München, Urteil vom 07.12.2016, Az. M 6 K 16.1721; OVG Sachsen, Beschluss vom 16.07.2012, 3 A 663/10).

Diese setzen voraus, dass ein Amtsträger in irgendeiner Form am Erlass des VA mitwirkt. Wäre das nicht der Fall, bräuchte es die Regelung des Abs. 5 Satz 1 nicht, wonach eine Namenswiedergabe entfallen kann, da von vornherein keine Person mitgewirkt haben könnte, deren Name anzugeben wäre. Abs. 5 behandelt auch nur die Konstellation, dass ein VA „mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird“. Erlassende Person ist aber keinesfalls die Einrichtung selbst, sondern vielmehr der Amtsträger, der sich der „Hilfe“ dieser Einrichtung bedient. Die im VA niedergelegte Regelung geht aber auf dessen jeweilige Entscheidung zurück, die dann zum Anlass für den Erlass des VA wird.

Ganz anders ist es dagegen in diesem Falle, in dem die Entscheidung „durch automatische Einrichtungen erlassen“ wird. Hier manifestiert sich kein Wille eines Amtsträgers, sondern es erfolgt die automatisierte Umsetzung vorliegender Daten in einen Verwaltungsakt, ohne dass es einer – auch nur gebundenen – menschlichen Entscheidung bedürfte.

Aus diesem Grunde haben verschiedene Bundesländer wie auch der Bund im jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetz einen § 35a eingefügt, wonach ein solcher automatischer Erlass möglich ist, sofern „weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht“. Dies ist auch im Landes-VwVfG geschehen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Blankettnorm ist jedoch, dass „dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist“. Hiermit kann nur eine Rechtsnorm im Fachgesetz gemeint sein.

Dies haben mittlerweile auch die Bundesländer als Vertragspartner des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags erkannt. Der Entwurf für den Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht vor, dass ein § 10a RBStV mit folgendem Inhalt eingefügt wird:
Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.
(https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-2098.pdf)

Hieraus ergibt sich auch, dass bislang offensichtlich keine Rechtsgrundlage für die Vorgehensweise des Beitragsservice besteht. An der Rechtswidrigkeit bereits erlassener Verwaltungsakte kann diese neue Regelung freilich nichts ändern.

Es ist davon auszugehen, dass ein derart automatisiertes Schreiben mangels getroffener Regelung überhaupt keinen Verwaltungsakt darstellt. Jedenfalls wäre dieser nichtig, da er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Hilfsweise ist der Verwaltungsakt als formell rechtswidrig anzusehen.


warning-sign-30915_1280Die fettgedruckten Stellen müssen entsprechend ersetzt werden:

  • § 37 Abs. 2 bis 5 Landes-VwVfG – Hier die entsprechende Landesnorm einsetzen. In Schleswig-Holstein ist dies § 108 Abs. 2 bis 6 LVwG, in Bayern Art. 37 Abs. 2 bis 5 BayVwVfG, in den anderen Bundesländern § 37 Abs. 2 bis 5 des Landes-VwVfG (bzw. des Bundes-VwVfG, soweit das Landes-VwVfG nur darauf verweist). Die Landes-VwVfG haben teilweise spezielle Namen, siehe hier.
  • Landesrundfunkanstalt – Eigene Rundfunkanstalt einfügen.
  • Abs. 5 Satz 1 – In Schleswig-Holstein Abs. 6 Satz 1.
  • Landes-VwVfG – Der Begriff kann stehen bleiben, man kann aber auch den ganz korrekten Namen des Gesetzes (siehe oben) einsetzen.
  • Hilfsweise ist der Verwaltungsakt als formell rechtswidrig anzusehen. – Das ist nur sinnvoll, wenn der Festsetzungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist, also angefochten wurde und darüber noch nicht endgültig entschieden ist. Bei einem bestandskräftigen Verwaltungsakt ist die formelle Rechtswidrigkeit nicht relevant, man kann diesen Satz also weglassen.
Click to rate this post!
[Total: 78 Average: 5]