Häufig wird GEZ-„Schuldnern“ die Erzwingungshaft angedroht, wenn sie die Vermögensauskunft (früher eidesstaatliche Versicherung, noch früher Offenbarungseid) nicht abgeben wollen. Ab und zu wird das dann auch tatsächlich umgesetzt. Nun gibt es Stimmen, die das als Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention ansehen.
Richtig ist, dass es ein Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden im vierten Zusatzprotokoll zur EMRK („Protokoll Nr. 4 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch das gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet werden, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind“) gibt. Genauer gesagt heißt es dort:
Artikel 1 – Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden
Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen.
Die EMRK und ihre Zusatzprotokolle sind Teil des deutschen Rechts und unmittelbar anwendbar. Sie stehen nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht nicht im Rang eines Grundrechts, sondern nur des einfachen Bundesrechts (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, 2 BvR 1481/04) und sind vor allem bei der Auslegung der „normalen“ deutschen Gesetze zu beachten.
Steht Art. 1 des Vierten EMRK-Zusatzprotokolls nun der Erzwingungshaft entgegen?
Leider ist das nicht so.
Zum einen geht es hier ausdrücklich nur um vertragliche Verpflichtungen. Der Rundfunkbeitrag ist aber keine vertragliche, sondern eine gesetzliche Verpflichtung. Daran ändert auch die Tatsache, dass sich die Zahlungspflicht aus Staatsverträgen ergibt, nichts. Denn in Landesrecht werden diese Verträge erst durch die Zustimmungsgesetze der Länder umgesetzt. (LINK)
Zum anderen heißt in dem Artikel, dass der Freiheitsentzug nicht allein wegen der Zahlungsunfähigkeit geschehen darf. Es soll also der mittelalterliche Schuldturm verhindert werden. Die Erzwingungshaft nach § 802g ZPO ist aber keine Sanktion für die Zahlungsunfähigkeit, sondern ein Druckmittel, um die Abgabe der Vermögensauskunft zu erzwingen.
Die Inhaftierung erfolgt also wegen Nichtzahlung (egal, ob diese auf Zahlungsunfähigkeit oder auf Zahlungsunwilligkeit beruht) und anschließender Weigerung, über seine finanziellen Verhältnisse Auskunft zu geben. Dies verbietet das 4. EMRK-Protokoll aber nicht.