Darf ein höherer Rundfunkbeitrag festgesetzt werden, um ein Finanzpolster aufzubauen?

Die Ministerpräsidenten der Länder haben beschlossen, die eigentlich rechnerisch fällige Beitragssenkung um 30 Cent pro Jahr nicht zu vollziehen. Damit soll eine ab dem Jahr 2021 zu erwartende Beitragserhöhung „abgefedert“ werden, der Kostensprung also nicht gar so groß sein.

Die Rechnung geht folgendermaßen: Eigentlich würde der Beitrag ab 2017 auf 17,20 Euro sinken, ab 2021 dann aber voraussichtlich auf 19,40 Euro betragen – eine Erhöhung um 2,20 Euro. Bleibt es aber bei den 17,50 Euro, müssen 2021 vorerst nur 19,10 Euro verlangt werden. Die Erhöhung beträgt damit „nur“ 1,60 Cent, also 60 Cent weniger als bei der ersten Variante.

Zum einen ist das natürlich nur ein Taschenspielertrick, am Gesamtaufkommen des Beitrags ändert sich gar nichts, schon gar nicht zu Gunsten der Beitragszahler. Und dass diese 30 Cent nun wirklich gespart werden und irgendwann entlastend wirken, ist alles andere als sicher.

Zum anderen verstößt dieses Vorgehen aber auch gegen abgabenrechtliche Grundsätze. Ein derartiger Grundsatz ist das Deckungsgebot. Die Beiträge bzw. Gebühren müssen mit den getätigten Ausgaben identisch sein. Die angebotene Leistung soll finanziert werden, aber keinen Gewinn abwerfen.

Diese Berechnung darf grundsätzlich auch über mehrere Jahre, im allgemeinen Abgabenrecht ohne Weiteres bis zu fünf Jahre, gehen. Aber § 1 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags sieht im Rundfunkbereich eine Spezialregelung vor, nach der stets für zwei bzw. vier Jahre der Finanzbedarf ermittelt wird. Anschließend erfolgt daraus dann die Beitragsfestsetzung gemäß § 3 dieses Vertrags. Irgendwelche später zu erwartenden Beitragssteigerungen sind dabei nicht mitzurechnen.

Da sich die Kosten aber nicht sicher vorhersehen lassen, ist eine gewisse Abweichung von der rechnerischen Abgabenhöhe zulässig. Dabei halten die Verwaltungsgerichte eine Überdeckung (also eine zu hohe Abgabenlast) von 3 bis 10 % für gerechtfertigt. Innerhalb dieses Rahmens würde sich das Vorgehen eigentlich bewegen, sofern man die 17,20 Euro für angemessen hält: 30 Cent davon sind ca. 1,7 %.

Allerdings gilt die Toleranzgrenze nach herrschender Meinung nicht für bewusste Überdeckungen (z.B. OVG Saarland, Urteil vom 25.05.2009, Az. 1 A 325/08). Sie soll nur die Prognoseunsicherheit öffentlicher Betriebe abfangen, damit sich diese nicht wegen Minimalbeträgen rechtfertigen müssen. Überschreiten sie aber absichtlich den eigentlich zu erhebenden Betrag, wird die Beitragsfestlegung stets rechtswidrig.

Es ist auch nicht im Sinne des Abgabenrechts, sich ein Finanzpolster aufzubauen und politisch unpopuläre Beitragserhöhungen im Vorfeld zu kaschieren. Das Deckungsgebot sagt ganz klar, dass die Einnahmen den Ausgaben entsprechen müssen.

Isoliert wird diese Frage sicher nicht vor Gericht landen – wer klagt schon wegen 30 Cent im Monat. Aber wenn jemand gegen den Beitrag an sich klagt und der Sache nach verliert, müsste das zuständige Gericht die Forderung eigentlich stets um diesen Betrag kürzen.

Wir werden sehen, ob sich die Gerichte der hier vertretenen Meinung anschließen.

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