23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf dem Weg

laptop-3196481_1920(Da es sich um ein sehr aktuelles Gesetzgebungsvorhaben handelt, können sich immer wieder neue Informationen ergeben, die dann in diesen Artikel eingebaut werden.)

Seit Kurzem ist die Drucksache 6/18143 der sächsischen Staatsregierung online. Mit dieser wird der Landtag darüber informiert, was die Ministerpräsidenten beschlossen haben, um den staatlichen Rundfunk „weiterzuentwickeln“.

Das Papier nennt sich

Vorunterrichtung zu:

Dreiundzwanzigster Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge

(Dreiundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag)

und lässt sich hier abrufen.

Die Sache betrifft natürlich alle Bundesländer, es ist lediglich Zufall, dass die Sachsen das zuerst oder am prominentesten oder wie auch immer veröffentlicht haben.

Bedeutend sind vor allem zwei neue Regelungen im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag: § 4a setzt die Vorgaben des BVerfG zur Beitragsbefreiung für Nebenwohnungen um. Und § 11 Abs. 5 führt einen regelmäßigen Meldedatenabgleich ein.

§ 4 a
Befreiung von der Beitragspflicht für Nebenwohnungen

(1) Für ihre Nebenwohnungen wird eine natürliche Person von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 auf Antrag befreit, wenn sie selbst, ihr Ehegatte oder ihr eingetragener Lebenspartner den Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung an die zuständige Landesrundfunkanstalt entrichtet. Gleiches gilt, wenn sie, ihr Ehegatte oder ihr eingetragener Lebenspartner den Rundfunkbeitrag zwar nicht für die Hauptwohnung, jedoch für eine ihrer Nebenwohnungen entrichtet.

(2) Die Befreiung erfolgt unbefristet. Sie beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 gestellt wird. Wird der Antrag erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, so beginnt die Befreiung mit dem Ersten des Monats, in dem die Antragstellung erfolgt.

(3) Die Befreiung endet mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr vorliegen. Derartige Umstände sind vom Beitragsschuldner unverzüglich der zuständigen Landesrundfunkanstalt mitzuteilen.

(4) Der Antrag auf Befreiung ist vom Beitragsschuldner schriftlich bei der zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 sind nachzuweisen durch

1. Bezeichnung der Haupt- und Nebenwohnungen, mit denen der Antragsteller bei der in § 10 Abs. 7 Satz 1 bestimmten Stelle angemeldet ist oder sich während des Antragsverfahrens anmeldet, und

2. die Vorlage eines melderechtlichen Nachweises oder Zweitwohnungssteuerbescheids, soweit sich aus diesem alle erforderlichen Angaben ergeben, und

3. auf Verlangen die Vorlage eines geeigneten behördlichen Nachweises, aus dem der Status der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft hervorgeht.

§ 4 Abs. 7 Satz 2 und 4 gelten entsprechend.

Damit werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die bislang nur Teil des Urteils waren, in Gesetzesform überführt. Aus diesen Regelungen ergibt sich zumindest implizit, dass die Länder die Rechtslage weitestgehend so einschätzen bzw. festlegen wie von mir schon vermutet.

Bedeutsam ist aber die Tatsache, dass es auch zur Befreiung führt, wenn nicht der Inhaber der Nebenwohnung selbst, sondern sein Ehegatte/Lebenspartner bereits den Beitrag zahlt. Möglicherweise soll hier eine Analogie zur Zweitwohnungsteuer hergestellt werden, bei der auch anerkannt ist, dass eine beruflich bedingte Zweitwohnung eines Ehegatten nicht besteuert werden darf.

Wohnen also A und B in einer gemeinsamen Ehewohnung, hat A aber daneben noch eine Zweitwohnung, kann der Beitragsservice nicht B für die Ehewohnung und A für seine Zweitwohnung heranziehen. Die Zahlung durch B befreit auch ihn.

Mit „Lebenspartner“ ist übrigens nicht der Lebensgefährte, sondern nur der eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner vor Einführung der „Ehe für alle“ gemeint. Wer ohne Trauschein zusammenlebt, kann nach dieser Konstruktion durchaus separat für Nebenwohnungen in Anspruch genommen werden.

Interessant könnte werden, wie dies nun bei dauerhaft getrennt wohnenden Eheleuten zu handhaben ist. Die haben zwar keine Zweitwohnungen im eigentlichen Sinne, könnten aber trotzdem unter diese Regelung fallen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn einer von beiden sich noch als Zweitwohnung beim (Ex-) Partner anmeldet.

Mit dem angedachten § 11 Abs. 5 RBStV werden dagegen die Träume des Beitragsservices wahr: Es soll nun alle vier Jahre eine komplette Datenübermittlung der Meldeämter geben.

Zur Sicherstellung der Aktualität des Datenbestandes übermittelt jede Meldebehörde alle vier Jahre beginnend ab dem Jahr 2022 für einen bundesweit einheitlichen Stichtag automatisiert gegen Kostenerstattung in standardisierter Form die nachfolgenden Daten aller volljährigen Personen an die jeweils zuständige Landesrundfunkanstalt:
1. Familienname,
2. Vornamen unter Bezeichnung des Rufnamens,
3. frühere Namen,
4. Doktorgrad,
5. Familienstand,
6. Tag der Geburt,
7. gegenwärtige und letzte Anschrift von Haupt- und Nebenwohnungen, einschließlich aller vorhandenen Angaben zur Lage der Wohnung, und
8. Tag des Einzugs in die Wohnung.

Hat die zuständige Landesrundfunkanstalt nach dem Abgleich für eine Wohnung einen Beitragsschuldner festgestellt, hat sie die Daten der übrigen dort wohnenden Personen unverzüglich zu löschen, sobald das Beitragskonto ausgeglichen ist. Im Übrigen darf sie die Daten zur Feststellung eines Beitragsschuldners für eine Wohnung nutzen, für die bislang kein Beitragsschuldner festgestellt wurde; Satz 2 gilt entsprechend. Die Landesrundfunkanstalt darf die Daten auch zur Aktualisierung oder Ergänzung von bereits vorhandenen Teilnehmerdaten nutzen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zwischen Beitragsgerechtigkeit und dem Schutz persönlicher Daten erfolgt der Meldedatenabgleich nach Satz 1 nicht, wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in ihrem Bericht nach § 3 Abs. 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages feststellt, dass der Datenbestand hinreichend aktuell ist. Diese Beurteilung nimmt die KEF unter Berücksichtigung der Entwicklung des Beitragsaufkommens und sonstiger Faktoren vor.

Nachdem der letzte Bestandsdatenabgleich anscheinend recht gut funktioniert und auch den einen oder anderen neuen Beitragszahler gebracht hat, soll dieses Prozedere nun alle vier Jahre (und zwar immer in den Jahren, in denen eine Fußball-WM stattfindet) durchgeführt werden.

Nett ist, dass die KEF feststellen kann, dass die Daten noch so aktuell sind, dass man keine neuen erheben muss. Wie eine solche Feststellung getroffen werden soll, ist freilich nicht ganz klar. Dass dieses Caveat irgendeine Rolle spielen wird, darf man bezweifeln. Es hört sich eher nach einem datenschutzrechtlichen Feigenblatt an.

Wir werden sehen, was den Beteiligten vielleicht sonst noch einfällt.

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