Kann man die Zwangsvollstreckung durch eine Teilzahlung torpedieren?

Nein, das geht nicht.

Titel stellt Situation vor Vollstreckung fest

Eigentlich eine schöne Idee: Durch eine minimale Zahlung wird der Festsetzungsbescheid falsch.
Eigentlich eine schöne Idee: Durch eine minimale Zahlung wird der Festsetzungsbescheid falsch.
Die Idee ist folgende: In einem Festsetzungsbescheid wird eine bestimmte Beitragsschuld festgesetzt. Diese wird dann bei weiterer Nichtbezahlung irgendwann später über ein Vollstreckungsersuchen an die Vollstreckungsbehörde (Gerichtsvollzieher, Stadtkasse, Finanzamt) weitergegeben. Wenn man nun einen geringen Teilbetrag davon zahlt, stimmt das Vollstreckungsersuchen nicht mehr und ist damit scheinbar ungültig.

Das Problem an dieser Vorgehensweise ist, dass ein Vollstreckungstitel immer nur den Gesamtbetrag erfasst, der vor Beginn der Vollstreckung vorlag. Spätere Veränderungen an der titulierten Forderung kann er damit nicht erfassen.

Will der Gläubiger mehr vollstrecken als ihm laut Titel zusteht, muss der Schuldner das ggf. gerichtlich geltend machen. Die Zahlung ist gerade der Fall, den § 767 ZPO als „Einwendung gegen den festgestellten Anspruch“ versteht.

Grundfall: Zivilrechtliche Vollstreckung eines Urteils

Um diese Logik vollständig zu verstehen, muss man sich klarmachen, dass die Verwaltungsvollstreckung ja nur ein Spezialfall der allgemeinen Zwangsvollstreckung ist. Normalerweise erkämpft man sich ein Urteil vor einem Zivilgericht. Dort steht dann, dass der Beklagte so-und-so-viele Euro zu zahlen hat. Mit diesem Urteil kann man dann den Gerichtsvollzieher losschicken.

Im Zivilrecht müsste man dann nach jeder Teilzahlung erneut vor Gericht ziehen.
Im Zivilrecht müsste man dann nach jeder Teilzahlung erneut vor Gericht ziehen.
Würde eine Teilzahlung einen neuen Titel erforderlich machen, müsste der Kläger also erneut vor Gericht ziehen, monatelang auf seinen Prozess warten, erneut alle Beweise vorlegen und hoffen, dass der Richter ihm erneut seinen (um die Teilzahlung verminderten) Anspruch zuspricht. Ein solches Verfahren wäre geradezu absurd kompliziert, unsicher und teuer.

Darum gibt man dem Gläubiger eben einen unveränderlichen Titel in die Hand und vertraut darauf, dass er selbst und ggf. auch der Gerichtsvollzieher schon nicht mehr vollstrecken werden als sie dürfen. Wenn doch, muss der Schuldner tätig werden und die erwähnte Vollstreckungsabwehrklage einreichen und evtl. zu viel bezahltes Geld zurückfordern. Außerdem kann er den Titel herausverlangen, wenn er vollständig bezahlt hat, damit der Gläubiger nicht weiter vollstrecken kann.

Rechtsverletzung erst durch übermäßige Vollstreckung

Gegenüber einer Behörde sind diese Rechte ganz ähnlich, auch wenn sich die Behörde ihren Titel selbst ausstellt und kein Gericht dafür braucht. Dass die Behörde aber bspw. einen Titel über 1000 Euro besitzt, von dem 900 Euro schon bezahlt sind, macht diesen Titel nicht unrichtig und verletzt auch die Rechte des Schuldners nicht. Erst, wenn versucht wird, mehr als die verbleibenden 100 Euro zu vollstrecken, kann sich der Schuldner wehren.

Und ganz unabhängig von Paragraphen: Wenn man wirklich die Vollstreckung dadurch torperdieren könnte, dass man im Notfall einen Euro zahlt und dann solange Ruhe hat, bis die ganze Bürokratie von vorne angelaufen ist, dann wären da schon andere draufgekommen. Und dann wären die entsprechenden Gesetze sicher sehr zügig geändert worden.

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